Erbbaurecht – das große Unbekannte?

Erbbaurecht – das große Unbekannte?

Erbbaurecht – das große Unbekannte?

Erbbaurecht ist umgangssprachlich besser bekannt als Erbpacht. Vor Erbbaurecht schrecken viele zurück. Nicht nur mögliche Kaufinteressenten, auch viele Makler vermeiden das Thema lieber. Gründe hierfür liegen sicher auch in der Unwissenheit, was Erbbaurecht genau bedeutet und worin die Vor- und die Nachteile liegen. 

Viel geläufiger ist es, dass man als Eigentümer eines Eigenheims auch Eigentümer des Grundstücks wird. Dadurch, dass die Immobilie auf einem Grundstück erbaut wurde, wird sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (vgl. §94 BGB). Wenn ein Grundstück verkauft wird, dann auch das darauf befindliche Gebäude und umgekehrt. Der jeweilige Eigentümer dazu steht in Abteilung I des Grundbuchs. Bei der Wertermittlung eines solchen „normalen“ Grundstücks fließen daher der Wert des Grundstücks inklusive des Wertes des Gebäudes und der mögliche Ertrag ein. 

Aber was bedeutet es genau, wenn ein bebautes Grundstück dem Erbbaurecht unterliegt?

In diesem besonderen Fall wird das Gebäude eben nicht der wesentliche Bestandteil des Grundstücks. Der Eigentümer des Hauses ist also nicht der Eigentümer des Grundstücks. Vielmehr „pachtet“ er das Grundstück über eine gewisse Dauer vom Eigentümer. Erbbaurecht ist ein grundstücksgleiches Recht, wird also wie ein Grundstück behandelt. 

Warum gibt es Erbpacht überhaupt?

Dies ist geschichtlich bedingt. Ursprünglich eingeführt wurde es, um den Wohnungsbau zu fördern und einkommensschwächeren Familien den Bau eines Eigenheims zu ermöglichen. Auch gab und gibt es Großgrundbesitzer, die ihre Grundstücke nicht veräußern konnten, wollten oder durften, um zum Beispiel das Vermögen zu wahren. So entstand das Erbbaurecht, bei dem es den Eigentümern möglich war, die Grundstücke zu „verpachten“ und bebauen zu lassen. Auch die Kirche ist ein großer Erbbaurechtsgeber in der Bundesrepublik. 

Wie ist das mit den Eigentumsverhältnissen?

Der Grundstückseigentümer bleibt Eigentümer des Grundstücks. Er wird im Erbbaurecht auch Erbbaurechtsgeber genannt. Die Immobilie wird Eigentum des Käufers, der Erbbauberechtigter genannt wird. Für die Nutzung des Grundstücks zahlt der Erbbauberechtigte den sogenannten Erbbauzins an den Erbbaurechtsgeber. Der Erbbauzins wird auch Erbpacht genannt. Dieser wird in der Regel quartalsweise an den Grundstückseigentümer gezahlt. 

Wie und wo ist das Erbbaurecht geregelt?

Rechtsgrundlage ist das Gesetz über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz – ErbbauRG) von 1919. 

Das Erbbaurecht wird zwischen Erbbaurechtsgeber und -berechtigtem in einem Erbbaurechtsvertrag geregelt. Zusätzlich zum Grundbuch (Grundstücksgrundbuch) gibt es ein Erbbaurechtsgrundbuch. 

Wie lange läuft so ein Erbbaurechtsvertrag?

In der Regel wird das Erbbaurecht auf 99 Jahre festgelegt, ist aber zwischen den Parteien frei verhandelbar. In dieser Zeit kann das Erbbaurecht veräußert, vererbt und auch mit Grundschulden belastet werden, wobei der Grundstückseigentümer – je nach Erbbaurechtsvertrag – zum Verkauf oder zur Belastung zustimmen muss. Nach der vereinbarten Zeit fällt das Grundstück an den Erbbaurechtsgeber zurück. In diesem Fall zahlt der Erbbaurechtsgeber dann eine Entschädigung an den Erbbauberechtigten für das auf dem Grundstück befindliche Gebäude. Auch kann der Erbbaurechtsvertrag verlängert oder auch das Grundstück an den Erbbauberechtigten veräußert werden, wenn sich alle einig sind. 

Das klingt alles so kompliziert… Warum sollte ich ein Haus kaufen, bei dem das Grundstück dem Erbbaurecht unterliegt?

Einige Banken sehen Erbbaurecht nicht gern, da nicht wie sonst üblich, das Grundstück als Sicherheit dient. Da das Erbbaurecht vorrangig im Grundbuch eingetragen ist, kann das Grundstück auch nicht verpfändet werden, sollte der Erbbaurechtsnehmer insolvent werden. Grundsätzlich gilt: Je länger die Restlaufzeit des Erbbaurechtsvertrages, desto gewillter sind die Banken, die Finanzierung zu übernehmen. Es bietet sich an, mit verschiedenen Banken zu sprechen, da jede den Umgang mit Erbbaurecht anders handhabt. Bitte sprechen Sie mich an, da ich mit verschiedenen Finanzierern zusammenarbeite, die Ihnen sicher weiterhelfen können. 

Ein Risiko besteht in dem sogenannten Heimfall, bei dem das Haus zurück an den Grundstückseigentümer fällt. Die Bedingungen dazu sind normalerweise im Erbbaurechtsvertrag geregelt. Heimfall könnte z.B. passieren, wenn Sie das Haus verwahrlosen lassen. Gegebenenfalls kann der Eigentümer auch Eigenbedarf ankündigen, welchen Sie aber vertraglich ausschließen können. 

Wichtiger Vorteil: Die finanzielle Belastung ist in der Regel deutlich geringer, da der Kaufpreis für das Grundstück entfällt. Dies kann besonders interessant für diejenigen sein, die sich unter normalen Umständen kein Eigenheim leisten könnten oder die ihr Einkommen lieber für andere Dinge ausgeben. Zwar zahlen Sie Erbbauzins, welcher aber in der Regel eine deutlich geringere Belastung darstellt als der Abtrag, den Sie zur Finanzierung des Grundstücks leisten müssten. Hier empfiehlt sich, dass Sie sich dies durchrechnen lassen. 

Je nach Länge der Restlaufzeit können Sie das Erbbaurecht auch noch an Ihre Kinder oder Enkel vererben. Oder Sie verkaufen es wieder, wenn die Kinder aus dem Haus sind und es für Sie und Ihren Partner allein zu groß wird. 

Gibt es Erbbaurecht auch in der Wedemark oder der Region Hannover? 

Ja, teilweise unterliegen ganze Bereiche in den Ortsteilen der Wedemark dem Erbbaurecht. So gibt es zum Beispiel in Mellendorf und Bissendorf-Wietze eine große Anzahl von Erbpachtgrundstücken. Trotz der Lage im Speckgürtel von Hannover bleiben die Erwerbskosten im Rahmen.

Ich möchte mein Haus auf einem Erbpachtgrundstück verkaufen. Was ist zu beachten? 

Darstellung der Wechselbeziehungen beim Verkauf eines Erbbaurechtes
Wechselbeziehungen beim Verkauf eines Erbbaurechts

Im Gegensatz zu einem „normalen“ Grundstücksverkauf, bei dem zwei Parteien involviert sind (Verkäufer und Käufer) haben wir hierbei die besondere Situation, dass drei Parteien involviert sind: Es gibt den Erbbaurechtsnehmer, den Erbbaurechtsgeber und den potentiellen Käufer. Die Veräußerung des Erbbaurechts ist in der Regel nicht ohne die Zustimmung des Grundstückseigentümers möglich. In den meisten Fällen hat dieser auch ein Vorkaufsrecht. Es besteht also eine wechselseitige Beziehung zwischen allen drei Parteien. 

Bitte überprüfen Sie daher den Erbbaurechtsvertrag. Wenn die Zustimmung notwendig ist bzw. ein Vorkaufsrecht vorliegt, empfehle ich, dass Sie mit Ihrem Erbbaurechtsgeber sprechen. Berichten Sie ihm von Ihren Plänen, bitten Sie ihn um seine Zustimmung. Stimmt er zu und nimmt kein Vorkaufsrecht in Anspruch, können Sie Ihre Immobilie am Markt anbieten. 

Vielleicht besteht die Möglichkeit, dass Ihr Erbbaurechtsgeber gern das Grundstück veräußern würde, so dass ein potentieller Käufer Haus und Grundstück ohne das Erbbaurecht erwerben könnte. Auch hierbei ist wichtig, dass Sie sich einig sind, was z.B. Kaufpreis und Veräußerungszeitpunkt angeht.

Ohne die Einigkeit aller kann der Kaufvertrag in letzter Sekunde scheitern. Ein professioneller Immobilienmakler vermittelt von Anfang an bis zur Übergabe zwischen den Parteien und begleitet Sie bei dem kompletten Verkaufsprozess. Bitte sprechen Sie mich an, wenn ich Sie unterstützen darf. 

Fazit

Ob für Sie ein Grundstück mit Erbbaurecht in Frage kommt, ist für Sie und Ihre persönlichen Umstände abzuwägen. Sicherlich kommt es auch immer auf die Immobilie selbst, die Lage und den Preis an. Wichtig ist, dass Sie sich im Vorfeld über die Bedingungen wie Restlaufzeit, Erbbauzins und Erbbaurechtsvertragsbedingungen informieren. Ein guter Immobilienmakler wird sich darum kümmern, für Sie und ihre Bank alle notwendigen Informationen einzuholen. 

Erbpacht, Erbbaurecht, Erbbauzins… so viele Fachwörter. Aber so schlimm ist es gar nicht. Gern können Sie sich an mich wenden, wenn Sie Fragen zum Erbbaurecht haben oder eine entsprechende Immobilie kaufen oder veräußern möchten. 

Autor: Silke Hanebuth, Inhaberin von Silke Hanebuth Immobilien

Dieser Artikel dient dazu, Ihnen einen ersten Überblick über das Erbbaurecht zu geben. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben übernimmt Silke Hanebuth Immobilien keine Gewähr. Auch ersetzt dieser Artikel nicht die Rechtsberatung durch einen Fachanwalt. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt bei Silke Hanebuth, Silke Hanebuth Immobilien.

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